Zwei Lager entstehen – Bis zum Seefest sollten die Küken flügge sein.
Die Rostgansfamilie am Inneringer See beschäftigt die Menschen in Inneringen. Sogar im Gemeinderat wurde das Thema schon angesprochen. Denn während die einen ihre Liebe für die Tierwelt entdecken und die Gänsefamilie beschützen möchten, wollen die anderen sich in ihren Freizeitbeschäftigungen nicht einschränken lassen.
Zur ersten Gruppe gehören Ilse und Klaus Wolf. Die Künstlerin und der frühere Förster wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft zum See und haben die neun Gänseküken am Sonntag, 8. Mai, wohl als erste entdeckt. Das Gänsepaar haben sie bereits seit längerer Zeit beobachtet. Es ist in diesem Frühjahr zum ersten Mal zu Gast am Inneringer See.
Rostgänse sind in den Steppen und Halbwüsten Asiens zu Hause. In Osteuropa gibt es wildlebende Populationen, die aus sogenannten Gefangenschaftsflüchtlingen entstanden sind. Rostgänse ernähren sich hauptsächlich vegetarisch von Grünteilen und Samen und brüten in Höhlen, wo das Weibchen in der Regel acht bis elf Eier ausbrütet. Das Rostgansmännchen ist an dem schmalen schwarzen Halsring zu erkennen, den es allerdings nur zur Fortpflanzungszeit trägt.
„Bei denen geht es zu wie bei uns Menschen“, sagt Ilse Wolf, wenn sie das Familienleben der Gänse beobachtet. Die erwachsenen Gänse würden sich immer mit heftigen Geschnatter und kräftigen Flügelschlägen begrüßen, wenn sie sich nach einer Weile wieder auf dem See treffen. Wenn beide vorübergehend den See verlassen, verteilen sich die Kleinen auf dem See oder verstecken sich im Schilf am Rand des Sees. Sind die Eltern da, bleiben alle nah beisammen. Ilse Wolf wundert sich auch über die große Selbstständigkeit der jungen Küken.
„Jetzt wäre es natürlich gut, wenn hier mehr Ruhe wäre“, sagt die Künstlerin, die die Gänsefamilie ins Herz geschlossen hat. In unmittelbarer Nähe zum See ist das Sportheim und dahinter auch der Sportplatz, auf dem vor allem abends und am Wochenende viel los ist. „Nicht alle sehen ein, dass sie auf die Gänse etwas Rücksicht nehmen sollten“, so Ilse Wolf. Jugendliche würden manchmal Steine oder Stöcke in den See werfen. Darum hat die Familie Wolf mehrere Tafeln rund um den See aufgestellt, auf denen geschrieben steht: „Bitte Wildgänse nicht stören!“
Ihre Sorge ist auch, ob die Gänslein wohl schon flügge sein werden, wenn das Seefest des Inneringer Musikvereins gefeiert wird. „Insgesamt brauchen sie etwa 55 Tage bis zur Selbstständigkeit“, wissen Ilse und Klaus Wolf. Das weiß auch schon der Vorsitzende des Musikvereins Thomas Metzger. Er habe sich mit der Kamera der Gänsefamilie genähert, und die Eltern hätten lautstark protestiert. Darum sieht er ein: „Sicherlich wäre es in der Zeit, bis die Jungen flügge werden, problematisch, ein großes Musikfest beim See abzuhalten, denn die Vögel brauchen ihre Ruhe.“
Aber der Vorsitzende hat nachgerechnet und sagt: „Unser Seefest findet vom 15. bis 17. Juli statt. Somit liegt der Festtermin glücklicherweise fast 70 Tage nach dem Ausschlüpfen der Tiere. Bis dahin sollten die Tiere auf jeden Fall fliegen können und unabhängig von ihren Eltern sein.“
Und Thomas Metzger sieht auch noch einen anderen wichtigen Aspekt: „Sollten die Küken sich dann dafür entscheiden, vor dem Trubel nicht davon zu fliegen, wäre unser Seefest, neben dem Sternmarsch am Freitag, der Disco am Samstag und dem Tag der Energie am Sonntag sogar nochmal um eine Attraktion reicher.“
Quelle: Schwäbische Zeitung