Die Inneringer Schäferfamilie Hospach nimmt den 14-jährigen Stuttgarter bei sich auf.
Der Großstadtjunge Johannes Feist hat zwei Wochen auf dem Hof der Inneringer Schäferfamilie Hospach verbracht. Heute ist der letzte Tag, und Johannes wird von seiner Familie abgeholt.
„Das Leben auf den Bauernhof ist anstrengend“, findet Johannes, der mit seinen Eltern und seinen beiden Schwestern in einem Acht-Familien-Haus in Stuttgart-Botnang lebt. Der Stuttgarter Bezirk liegt zwar mitten im Grünen, doch das öffentliche Leben hat durchaus Großstadtflair: Es gibt Geschäfte, Straßenbahnen, Mehrfamilienhäuser. Darum war Inneringen für den Jungen ein echtes Kontrastprogramm.
Morgens hieß es, früh aufstehen, frühstücken und raus zu den Schafen. Täglich bauen die Hospachs den Weidezaun um die drei Schaf- und Ziegenherden ab und an einer neuen Stelle wieder auf, sodass die Tiere immer genügend Futter haben. An diesem Ab- und Aufbau fand Johannes wenig Gefallen. Einmal hat es heftig geregnet, aber Schäfer Gerd Hospach ließ nicht locker: „Die Tiere sind hungrig, die müssen fressen“, sagte er, und sie machten weiter, bis sie total durchnässt waren.
Aber es gab auch schöne Erlebnisse. Die Augen des 14-Jährigen fingen an zu strahlen, als er vom Traktorfahren erzählte. „Das hat Spaß gemacht“, versicherte er, zumal er das Fahren auch selbst ein bisschen probieren durfte. Auch hat Johannes seine Liebe zu Katzen entdeckt. Im Frühjahr will er nochmals nach Inneringen kommen, um ein junges Kätzchen hier abzuholen. Nach dem Aufenthalt im Dorf wünscht er sich dringend ein Haustier. Allerdings hat die Sache noch einen kleinen Haken: Er hat noch nicht mit seinen Eltern gesprochen.
Zahlreiche Tiere
Auf dem Inneringer Bauernhof gibt es viele Tiere. Die Hospach-Mädchen Johanna und Pia zählen sie gemeinsam mit dem Papa auf. Neben etwa 400 Schafen und etwa 100 Ziegen gibt es noch drei Pferde, Schäferhunde, zwei Katzen, einen Teich mit Fischen, Kaninchen, eine Schildkröte. „Wir haben fast alles“, sagt Johanna, und der Stadtjunge merkt an: „Wir haben fast nichts.“ Übrigens vor dem Wolf hat Gerd Hospach keine Angst. „Der wird früher oder später auch bei uns auftauchen“, sagt er gelassen. Früher habe es ihn ja auch gegeben. Er ist der Ansicht, Herdenschutzhunde seien das beste Rezept gegen den Wolf.
Die Hospachs haben Johannes bei sich aufgenommen, wie ein sechstes Familienmitglied. Neben Johanna und Pia gibt es noch die kleine Martha und Mama Claudia. Sie nahmen Johannes nicht nur mit zur Arbeit auf der Weide, sondern er konnte an allen Familienereignissen teilhaben, wie beispielsweise an der Geburtstagsfeier einer Cousine. Den Hospachs ist es wichtig, Kindern aus der Stadt zu zeigen, wie das Leben auf dem Land ist.
Claudia und Gerd Hospach wurden vor etlichen Jahren von den katholischen Landfrauen angeschrieben mit der Frage, ob sie sich an diesem Programm beteiligen möchten. Seither waren außer Johannes fünf Mädchen bei ihnen auf dem Hof. Johanna und Pia kennen sie alle noch mit Namen. Die Mädchen haben Kontakt zur Familie Hospach gehalten. Manche kamen sogar zu Besuch. Das will Johannes auch tun. Außer einem Kätzchen wünscht er sich sehr, mal einen richtigen Winter mit viel Schnee zu erleben. „Das haben wir in Stuttgart nicht“, sagt er.
Die Familie Hospach findet es inzwischen spannend, Jugendliche bei sich aufzunehmen. „Wir wissen nicht, wer da kommt und finden es jedes Mal schön, wenn es wieder funktioniert“, sagt Gerd Hospach. Geld bekommt die Familie übrigens keines dafür. Fürs Essen und Schlafen habe man ja auch eine kleine Hilfe bei der Arbeit, macht der Familienvater deutlich.
Quelle: Schwäbische Zeitung