Ein Städ­ter auf dem Bau­ern­hof

In Heidelberg sitzt Kevin selten am Steuer. In Inneringen genießt der 18-Jährige es, mit seinem Führerschein auch den großen Traktor fahren zu dürfen.

Zwei Wochen lang besucht der 18-jährige Kevin Hubig die Schäferei Hospach.

Mit dem Abitur frisch in der Tasche zieht es viele junge Menschen in den Party- oder Strandurlaub. Aber statt auf Mallorca am Ballermann zu brutzeln, verbringt der 18-jährige Kevin Hubig seine Ferien auf einen Bauernhof im beschaulichen Inneringen. Zwei Wochen lang lernt der Heidelberger dort die Arbeit auf dem Hof der Schäferei Hospach kennen.

Zäune tragen, Wasser schleppen, Tiere füttern: Ein echter Entspannungsurlaub ist das kaum. Kevin aber ist zufrieden. Zwischen Abi und Uni-Start habe er etwas Sinnvolles tun und sich betätigen wollen, erzählt er. „Meine Mutter hat dann dieses Programm der katholischen Landfrauen gefunden.“ Und Kevin, der ab Herbst Biologie studieren will, packte seine Koffer.

Jetzt wohnt der 18-Jährige bei seiner fünfköpfigen Gastfamilie im Haus. Für die Hospachs ist es bereits das sechste Jahr, in dem sie als Gastfamilie einen jungen Städter aufnehmen. „Wir wollen ihnen einfach zeigen, wie es bei uns auf dem Land zugeht“, sagt Gerd Hospach. „Vor drei oder vier jahren war jemand da, der zuvor tatsächlich noch nie ein Schaf gesehen hatte.“ Bei Kevin ist das anders: „Natürlich habe ich schon mal Schafe, Kühe und Pferde gesehen“, sagt er. „Und ich hatte auch Erdkunde in der Schule.“ Dort hat er sich zumindest in der Theorie mit der Landwirtschaft beschäftigt.

Kevin und Gastvater Gerd Hospach füttern die Schafe

Jetzt aber packt er selbst mit an und er merkt: „Es ist alles sehr zeitintensiv. Aus der Stadt ist man es gewohnt, dass man Arbeiten schnell fertig kriegt und direkt mit der nächsten Aufgabe weitermacht. Aber hier sind es Prozesse, zum Beispiel auf dem Feld, die einfach dauern.“

Um 7.30 Uhr klingelt derzeit bei Kevin der Wecker. Fertigmachen, frühstücken. Um 8 Uhr geht es dann raus zu den Tieren. „Bei der morgendlichen Wasserrunde fahren wir raus zu den Tieren und füllen die Tränken nach“, sagt Kevin. Mehrere Herden haben die Hospachs: in Inneringen, im Landkreis Biberach und in Neufra. Mit dem Auto sind das nur einige Minuten. Aber mit den vollen Kanistern anschließend die Hänge rauf und runter zu laufen, das sei doch ziemlich anstrengend, vor allem in der Hitze. Der junge Mann, der vom Computer weg und in die Natur wollte, aber scheut die Arbeit nicht. Er macht sie gern, um „den Kopf frei zu kriegen“, wie er sagt.

Mit Tieren aufwachsen, Lämmchen sogar mit der Flasche großziehen: das ist für die siebenjährige Martha Hospach als Tochter eines Schäfers ganz normal.

Die Ruhe im Ort, die weit entfernten Supermärkte, die wenigen Busverbindungen, das alles ist neu für Kevin. Seine beiden Gastschwestern Martha und Pia, die jüngsten Töchter der Schäferfamilie, aber sind von klein auf an das Leben gewöhnt. „Ich bin froh, dass ich ein Kind von einem Bauern bin“, sagt die elfjährige Pia, „ich könnte mir das gar nicht vorstellen, in der Stadt zu wohnen und jeden Tag die Autos zu hören.“ Während sie spricht, trägt ihre siebenjährige Schwester stolz ein Lämmchen auf dem Arm ins Haus. „Das haben wir selbst aufgezogen. Mit der Flasche!“, erklärt sie. Kevin lächelt. „Solche Momente sind es, die für alles entschädigen“, sagt er.

Bis zum Wochenende will er noch auf dem Hof in Inneringen bleiben. Dann ist seine Besuchszeit auch schon wieder um. Bis dahin aber will er das Landleben noch genießen. „Wenn man so über die Landstraßen fährt und die Felder sieht, dann ist es ja doch ein bisschen wie Urlaub hier.“

Quelle: Schwäbische Zeitung

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