Gut das wir sie haben: Beim Brand des Hettinger Sägewerks bewies die Freiwillige Feuerwehr ihre Bedeutung, und für den Kommandanten war es im Wortsinne die Feuertaufe.
Das Hettinger Säge- und Hobelwerk in Familienbesitz ist am vergangenen Wochenende völlig abgebrannt. Zwölf Stunden nach Ausbruch des Brandes konnte die Feuerwehr sich bis auf regelmäßige Kontrollgänge zurückziehen. Die vier Anwohner konnten sich retten. Mit fünf Feuerwehren und gut 90 Feuerwehrleuten aus dem Kreisgebiet wurde der Großbrand gelöscht.
Sägewerk und Wohnhaus sind nur durch eine kleine Straße getrennt. Seniorchef Walter Knaus und seine Frau wohnten im Obergeschoss des Hauses. Um 0.30 Uhr schaute Knaus noch hinaus in Richtung Sägewerk, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Es war nichts Ungewöhnliches zu sehen. 20 Minuten später brannte das Sägewerk lichterloh. Schnell verließen er und seine Frau die Wohnung. Knaus nahm einen Gartenschlauch und spritzte geistesgegenwärtig seine Frau an der Tür nass und hieß sie, in Richtung Ort zu rennen. Er selbst rannte hinterher, verbrannte sich jedoch am Arm, sodass er nach Eintreffen des Krankenwagens ins Krankenhaus gebracht werden musste. Zusammen mit seiner Frau konnte er dieses nach ambulanter Versorgung wieder verlassen. Die beiden Bewohner der anderen, weniger betroffenen Haushälfte, konnten sich ohne Verletzung retten.
„Es war ein Inferno“, fasst der Hettinger Feuerwehrkommandant Marc Fritz den Brand zwölf Stunden nach dem Ausbruch zusammen: „Die größte Sorge gilt immer den Personen.“ Zuerst war die Hettinger Feuerwehr vor Ort, wenig später kamen die Feuerwehren aus Veringenstadt, Gammertingen, Sigmaringen und Bad Saulgau hinzu. Die Gammertinger und Sigmaringer hatten je eine Drehleiter, die Saulgauer einen Gerätewagen mit Atemschutzgeräten im Einsatz. Nachdem sicher war, dass alle Personen draußen waren, löschten sie zuerst das Wohnhaus von der anderen Seite des Bahndamms. Die Fensterscheiben waren durch die Nähe des Hauptbrandes in der Sägehalle gesprungen. Danach versuchten sie, den Brand im Sägewerk einzudämmen. Der Sägemehlturm wurde intensiv geflutet. Auch in ihm hatte sich Feuer entzündet.
Es ging alles so schnell, war die einhellige Meinung am nächsten Morgen. Viele Einwohner waren noch nicht im Bett, dachten beim ersten seltsamen Geräusch, ob bei der Hochzeit, die in der Laucherttalhalle gefeiert wurde, ein Feuerwerk abgebrannt worden sei.
Obwohl sofort über Notruf die Feuerwehr verständigt war, konnte die Ausbreitung des Feuers nicht verhindert werden. Schon kurze Zeit später waren die Hettinger mit 28 Feuerwehrleuten und zwei Notfallseelsorgern zur Stelle. Auch Bürgermeisterin Dagmar Kuster war gekommen. Nach ersten Schätzungen beläuft sich der entstandene Gesamtschaden auf rund 500 000 Euro.
Die Koordination von fast 100 Feuerwehrleuten samt DRK-Einsatzwagen ist nicht einfach, so Marc Fritz: „Wir haben unser Bestes gegeben.“ Die Gammertinger stellten ein Kommandozelt auf. Um 8 Uhr am Morgen hieß es Wachablösung und Übergabe. Marc Fritz war ununterbrochen im Einsatz und meinte, er selbst habe derart viel Adrenalin im Blut, dass er ohnehin nicht schlafen könne. Er wolle noch am Abend beim Historienspiel in Inneringen als Akteur auftreten. Die Hettinger Kollegen kontrollierten tagsüber regelmäßig das abgebrannte Sägewerk, um ein Wiederaufflammen verhindern zu können.
Das DRK war in der Katastrophen-Nacht zuvor mit Bereitschaften und dem Rettungsdienst zur Sicherstellung der Atemschutzgeräteträger im Einsatz.
Am Tag nach dem Brand des Sägewerks in Hettingen war die Brandursache noch völlig unklar. Die Kripo hatte am Montag Ermittlungen aufgenommen.
„Die Kollegen von der Kripo gehen neutral und offen an die Ermittlung der Brandursache“, sagt der Pressesprecher der Polizei Thomas Straub. Über die Ermittlungsarbeit der Kripo erzählt er, dass an verschiedenen Stellen der Brandruine Schuttproben genommen werden. Ein Brandmittelspürhund ist ebenfalls mit von der Partie. Wo er anschlägt, wird ebenfalls eine Schuttprobe genommen. Die Proben werden dann im Labor untersucht.
„Die Ermittlungen können mehrere Wochen dauern“, sagt der Sprecher der Polizei. Ob Brandstiftung, ein technischer Defekt oder eine andere Ursache infrage kommt, werde hoffentlich am Ende der Ermittlungen stehen, so Straub. Am Montag war auch ein Hubschrauber im Einsatz, um Fotos von der Brandruine aus der Luft zu machen. In einer Holzbaufirma in Hitzkofen brannte vor etwa sieben Jahren ebenfalls ein Werk. Zwar ergaben hier die Ermittlungen, dass ein Funke in der Absauganlage den Brand ausgelöst hat. Wie und wodurch der aber dort reingekommen ist, war nicht festzustellen. Nach einigem Hin und Her hat die Versicherung die Regulierung des Schadens übernommen.
Löscharbeiten und dann Theater
Der Hettinger Feuerwehrkommandant Marc Fritz hat die ganze Nacht die Löscharbeiten geleitet und stand gleich am Abend danach in Inneringen auf der Bühne. Er spielte einen Großvater, der in einem Historienspiel seinen Enkelkindern erzählt, wie bei der Gemeindereform in den 1970er-Jahren der Zusammenschluss von Hettingen und Inneringen zustande gekommen ist. Als Kommandant hat er seinen ersten Großbrand erlebt. Rückblickend lobt er vor allem die gute Zusammenarbeit der Feuerwehren aus der Region. Die Zusammenarbeit mit dem DRK Hettingen-Veringenstadt habe ebenfalls super geklappt.
Der Veringenstädter Kommandant, Ingo Tobler, war in Hettingen bei einer Hochzeitsfeier in der Festhalle, als der Brand ausbrach. Sofort alarmierte er seine Kameraden, die schnell in der Sägestraße ankamen. Die Gammertinger und die Sigmaringer Feuerwehr kamen mit einer Drehleiter zum brennenden Sägewerk, und die Bad Saulgauer Feuerwehr kam mit einem Gerätewagen mit Atemschutzgeräten. Die Gammertinger Wehr brachte auch gleich ihren technisch gut ausgestatteten Einsatzleitwagen mit.
„Das alles zu koordinieren, ist nicht so einfach“, sagt Marc Fritz. Doch er musste da durch, denn im Brandfall hat immer der Kommandant aus der betreffenden Gemeinde das Oberkommando. Der noch junge Hettinger Feuerwehrchef hatte in dem stellvertretenden Kreisbrandmeister Dieter Müller aus Pfullendorf und den Kommandanten aus Gammertingen Mariaberg und Veringen professionellen Beistand. Dafür sei er sehr dankbar, versichert er.
Wohngebäude gerettet
Es sei ziemlich schnell klar gewesen, dass keine Personen mehr in dem Wohngebäude waren, erzählt Marc Fritz am Tag danach. Dadurch habe man sich darauf konzentrieren können, dass alle Beteiligten gesund wieder nach Hause kämen. Wichtig für ihn war auch, dass das Wohngebäude gerettet werden konnte. Da seien zwar Fenster durch die Hitze geborsten, Löschwasser habe wohl einen kleineren Schaden angerichtet und manch ein Einrichtungsgegenstand sei verrußt. „Aber wichtig ist, dass alles da ist, Akten, PC und so weiter“, so der Kommandant.
Quelle: Schwäbische Zeitung (Fotos: Gabriele Loges)