Quelle: Schwäbische Zeitung
Der Hettinger Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen, mit der EnBW einen Pachtvertrag abzuschließen, damit das Unternehmen Windanlagen planen und bauen kann. Es geht um die gemeindeeigenen Flächen in der nordöstlich ausgewiesenen Konzentrationszone für Windkraftanlagen. In den Reihen der Zuhörer saßen viele Bürger und ein Vertreter der EnBW.
Dem Gemeinderat lagen zwei Verträge vor, EnBW und Sowitec konkurrierten miteinander. „Wir haben in einem Klausurtag und nichtöffentlichen Sitzungen die Verträge mit Rechtsanwälten aus der Stuttgarter Kanzlei Iuscomm ausführlich diskutiert und Nachbesserungen einbringen lassen“, berichtete Bürgermeisterin Dagmar Kuster. Pachtverträge werden grundsätzlich nicht-öffentlich behandelt, um Spekulationen um Pacht- und Ausgleichszahlungen zu verhindern und der Verschwiegenheitspflicht in wirtschaftlichen Detailangaben der Firmen nachzukommen, erklärte die Bürgermeisterin. Diesen Vertrag können die Privateigentümer von Flächen innerhalb der Inneringer Konzentrationszone nun als Mustervertrag übernehmen, um sich die Rechtsanwaltskosten zu sparen, so Kuster.
Mehrere Räte befangen
Zum Auftakt der Sitzung fragte der Inneringer Rat Holger Bohner die Bürgermeisterin, ob sie als Mitglied im Regionalbeirat der EnBW nicht befangen sei. Kuster erklärte, Bürgermeister werden regelmäßig von der EnBW zu Informationsveranstaltungen eingeladen: „Dort werden zum Beispiel intelligente Steckdosen oder neue Beleuchtungssysteme vorgestellt. Zu diesen Versammlungen kann man hin oder nicht. Dort wird kein Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen der EnBW genommen“, erklärte Kuster. Der Name „Beirat“ sei irreführend.
Dann stellte die Bürgermeisterin die Befangenheiten innerhalb des Rates fest: Die Räte Sabine Rösch, Birgitte Gluitz, Gertrud Schüle und Holger Bohner mussten sich in die Reihen der Zuhörer setzen, weil sie selbst Eigentümer von Grundstücken innerhalb der Konzentrationszone sind oder direkte Verwandte von ihnen. So verblieben auf der Inneringer Tischseite nur noch die Räte Gerhard Sprißler, Wilhelm Gerbracht und Jürgen Ott.
Sprißler trug eine Grundsatzerklärung vor und kündigte an, sich bei der Entscheidung zu enthalten. Er gab zu bedenken, dass die Ausweisung von Konzentrationszonen die Verspargelung der Landschaft hätte verhindern sollen, doch sei nun der Ort umringt von mehreren Zonen: „Wenn hier überall gebaut wird, dann kann sich jeder überlegen, ob die Landschaft nicht doch verspargelt wird.“ Windenergie sollte dort gewonnen werden, wo die Windhöfigkeit die Anlagen wirtschaftlich mache, dies sei in Inneringen nicht der Fall.
Enttäuscht von Sowitec
Für die Hettinger sprach Wilfried Liener. Er sei enttäuscht von dem Unternehmer, der seit Jahren mit der Gemeinde in Kontakt stehe. Gemeint war Sowitec. „Wir haben für diese Firma viel Zeit und Geld investiert. Deshalb werde ich für die EnBW als Vertragspartner stimmen“, kündigte er an. Das Gremium habe viel über Windkraftanlagen und Konzentrationszonen diskutiert und stehe in der Pflicht, die Vorgaben der demokratisch gewählten Regierung umzusetzen. Bei zwei Enthaltungen stimmte das Gremium dafür, dass der Pachtvertrag mit der EnBW abgeschlossen werde.
Bürgermeisterin Kuster betonte, dass der Abschluss des Pachtvertrags noch nicht bedeute, dass Windkraftanlagen gebaut werden. Die EnBW müsse nun die Untersuchungen in den Bereichen Naturschutz, Lärm, Beschattung machen und das Baugenehmigungsverfahren aufnehmen.
Aus den Reihen der Zuhörer war am Rande der Sitzung zu erfahren: Man werde gegen den Bau von Windkraftanlagen in Inneringen klagen.
Kommentar: Chancen für Gegner sinken
Schritt für Schritt nähern sich die Verantwortlichen ihrem Ziel, Windparks auf der Alb bei Veringenstadt, Inneringen und Kettenacker zu bauen. Und bei jedem der Schritte wird gesagt: Ach, diesmal geht es noch nicht um den Bau selbst, sondern lediglich um dies oder jenes. So versuchen die Bürgermeister, die besorgten Menschen in der Region zu beruhigen. Bei den jüngsten Entscheidungen in Veringenstadt und Inneringen wurde in der Tat nicht über den Bau entschieden, sondern über die Verpachtung der gemeindeeigenen Flächen an die EnBW. Aber es wäre doch blauäugig zu glauben, die EnBW pachte die Flächen einfach nur zum Zeitvertreib. Das sind schon deutliche Schritte in Richtung Windparks. Jetzt könnte höchstens zu schwacher Wind die Vorhaben zu Fall bringen.
Aber neue Windräder sind hoch und für schwachen Wind konstruiert. Juristische Schritte werden den Bau vielleicht verzögern, aber wohl nicht mehr verhindern. Und die Hoffnung, dass eine andere Regierung in Stuttgart neue Akzente setzt, dürfte eher nicht in Erfüllung gehen. Die Chancen für die Windparkgegener sinken. Wir werden uns mit den Anlagen arrangieren müssen.
i.stoesser@schwaebische.de