Stadt überlässt Waldflächen der Natur

Einstimmig haben die Hettinger Gemeinderäte beschlossen, Flächen des Stadtwaldes als Waldrefugien ausweisen zu lassen. Auf diese Weise werden 1,7 Millionen Ökopunkte generiert und auf dem Konto der Stadt gutgeschrieben.

Diese Ökopunkte werfen in den nächsten zehn Jahren sogar drei Prozent Zins ab. In die Gemeinderatssitzung waren Jörg Scham, Leiter des Fachbereichs Forst Landratsamt Sigmaringen, und die Revierförster Elmar Molnar und Karl Bosch gekommen, um das Alt- und Totholzkonzept des Landes vorzustellen. Mehrere Gemeinderäte stellten kritische Fragen.

„Ich sehe hier Vorteile, die wir im ländlichen Raum haben. Und unserem Wald tut es nicht weh“, sagte Bürgermeisterin Dagmar Kuster, als sie die Abstimmung herbeiführte. Scham erklärte den Gemeinderäten das Konzept: Wenn Baumaßnahmen umgesetzt werden, die einen Eingriff in die Natur darstellen, dann müssen Ausgleichsmaßnahmen geleistet werden, um der Natur wieder etwas zurückzugeben. Die Art und der Umfang der Ausgleichsmaßnahme hängt von der Intensität der Baumaßnahme ab. Dies wird in Ökopunkten gerechnet und ausgeglichen. „Gemeinden können in ihren Wäldern geschützte Flächen – Baumgruppen und Waldrefugien – ausweisen und stilllegen“, so Scham, „damit generieren sie Ökopunkte.“ Diese Punkte kann die Gemeinde dann geltend machen, wenn sie zum Beispiel ein Wohngebiet ausweist und braucht dann keine zusätzlichen Ausgleichsmaßnahmen zu leisten. Diese Ökopunkte sind handelbar, sie können verkauft werden. „Es kann sein, dass Gemeinden, die einen Windpark errichten wollen, sich an Sie wenden, um bei Ihnen Ökopunkte zu kaufen, um den Eingriff in die Natur auszugleichen“, erklärte Scham.

Wertvoll für Fauna und Flora

Die Vorgehensweise sei folgende, sagte Scham weiter: Auf für die Waldwirtschaft schlechten Standorten können um einzelne markant gewachsene Buchen kleine Gruppen gebildet werden, die für Fauna und Flora wertvoll sind. Diese kleinen Flächen werden mit wellenartigen Linien an den Stämmen gekennzeichnet und dürfen dann nicht mehr bewirtschaftet werden. Sie ruhen und bieten den Tieren und Pflanzen paradiesische Zustände, um sich zu entfalten. „Bisher haben diese Arten unter der Waldwirtschaft gelitten“, erklärte Scham.

Er legte die Tabelle vor, die bereits mit der Naturschutzbehörde abgestimmt ist. In Hettingen und in Inneringen werden insgesamt zehn Waldrefugien ausgewiesen: in den Waldstücken Katzensteig, Buschelhau, Hintere Kachelhalde, Emelhalde, Hohloch, Schwarzwald, Auhalde, Vordere Kachelhalde, Teufelstor und Kalktal. Es handelt sich um Standorte, die bereits wenig bewirtschaftet werden. Mit der Einrichtung von Waldrefugien und Habitatbaumgruppen verzichtet die Stadt auf jegliche Nutzung dieser Flächen. Insgesamt sind es 43 Hektar, die stillgelegt werden. Jeder Quadratmeter bringt vier Ökopunkte, insgesamt ergibt es 1,7 Millionen Ökopunkte.

Gemeinderat Rainer Kley fragte, wie es sich verhalte, wenn der Käfer die Bäume befalle. Scham erklärte, der Käfer befalle eher Fichten als Buchen, er müsse aber gegebenenfalls toleriert werden. Wenn er aber an den Bäumen um das Waldrefugium festgestellt werde, dann werde Widerstand geleistet, wie überall im Wald. Rat Wilfried Liener fragte, ob der Erhalt der Ökopunkte auf lange Sicht garantiert werde. Scham bestätigte dies und sagte: „Sie können sogar nachlegen, und weitere Flächen zu Waldrefugien machen.“ Rat Jürgen Ott fragte, wie die Zahl der Ökopunkte entstehe, die bei der Ausweisung eines neuen Baugebietes ausgeglichen werden müsse. Bürgermeisterin Kuster berichtete, da werde je nach ökologischem Wert der Fläche eine Punktezahl errechnet. Jede Fläche, die der Natur entzogen werde, müsse an anderer Stelle die der Natur zurückgegeben werden.

Quelle: Schwäbische Zeitung

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